Beschreibung
“Es macht keinen Sinn mehr, zwischen Flucht und Wirtschaftsmigration zu unterscheiden. Millionen von Menschen müssen ihre Heimat verlassen, weil Not und Hoffnungslosigkeit sie dazu zwingen. ‘Verzweiflungsmigrant_innen’, nennt die Menschenrechtsprofessorin Jacqueline Bhabha jene, die ‘den Eindruck haben, dass Mobilität der einzige Ausweg aus einem Leben in unendlichem Mangel, Leiden und Chancenlosigkeit darstellt’. Ihnen ‘sollte das Recht auf Mobilität als ein Akt fundamentaler Gerechtigkeit zugesprochen werden, als eine Strategie (neben anderen), die weltweite Ungerechtigkeit zu verringern.’”
“Es gilt, einen realistischen Blick auf die Welt einzufordern. Die so gern beschworene (und im Effekt immer knausrige) ‘Hilfe vor Ort’, das Geschwätz vom ‘Schließen der Balkanroute’, die martialischen Sprüche von der ‘Sicherung unserer Außengrenzen’ – all das ist als Blendwerk entlarvt. Auch der so genannte ‘Türkei-Deal’, erdacht und unterstützt von wohlmeinenden Pragmatikern, um Europa einen Handlungsspielraum zu eröffnen, hat in eine finstere Sackgasse geführt, in der um Menschenleben gepokert wird. Lange wurde daran gebastelt. Im Fokus stand immer das, was gerade als maximal durchsetzbar schien. Zwangsläufig werden Kompromisse gemacht und mit jedem Abstrich weitere Menschenrechtsverletzungen hingenommen. Zuletzt investiert Europa gar in die Aufrüstung der Küstenwache von Libyen, damit die Flüchtenden rechtzeitig aus dem Mittelmeer gefischt und in Horrorlagern konzentriert werden, bevor freiwillige Seenotretter sie entdecken könnten. Am Kern der Sache – der Ungleichheit – geht all dies absichtsvoll vorbei.”
“Demokratie und Rechte, man kann es nicht oft genug betonen, sind keine fixen Größen, die einmal erreicht nur noch bewundert werden müssen. Sie wollen erkämpft und verteidigt werden. Und wer sie nicht bekommt, wird versuchen, sie sich zu nehmen – auch das ist eine Lehre des langen Sommers der Migration: hätten sich die Menschen damals still in ihr Schicksal gefügt, hätten sie sich also damit abgefunden, zu den ‘Unversicherbaren’ zu gehören und entsprechend draußen zu bleiben, wann würden wir ihnen denn freiwillig ihren Anteil zugestehen?”